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Shanghai Urban Planning Exhibition Center

Ein Blick in Shanghais Vergangenheit und Zukunft

Das durch einen buddhistischen Tempel inspirierte architektonisch auffallende Gebäude am People’s Square beherbergt das Shanghai Urban Planning Exhibition Center. Im Inneren werden auf mehreren Etagen die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft der Stadtentwicklung Shanghais aufgezeigt. Die Ausstellung wurde im Jahre 2000 für die Öffentlichkeit eröffnet und zählt seither zu den meistbesuchten Museen Shanghais. Einfach durch den im 30er Jahre Stil designten Metro-Ausgang 2 am People’s Square zu erreichen, bietet das Urban Planning Exhibition Center eine Vielfalt an Bildern, Karten und Relikten des Shanghais von gestern und heute, sowie auch Ideen und Pläne für das Shanghai von Morgen. Das Museum wird oft auch als „Fenster der Stadt“ bezeichnet, und man kann hier miterleben, wie Shanghai von einem kleinen Fischerdorf zu einer Weltmetropole wurde. Nach dem Besuch nimmt man die Stadt durch einen anderen Blickwinkel wahr.

Übersicht
Eine große Karte mit den verschiedenen Distrikten Shanghais ziert den Boden der Eingangshalle des Exhibition Centers. Auf dieser begehbaren Karte werden einem die Dimensionen von Shanghai stark bewusst. Für die Distanz, die hier einem kleinen Schritt entspricht, muss in Wirklichkeit ein langer und teils mühsamer Weg durch das öV-System der Stadt eingerechnet werden. Auf der ersten Etage des Gebäudes erhält man dann erste Eindrücke, was das heutige Shanghai für eine Entwicklung erlebt hat und wie die verschiedenen Distrikte im Wandel der Zeit geformt wurden. Eine weitere Etage höher beherbergt das Museum temporäre Ausstellungen, die sich nicht unbedingt mit dem Thema Stadtplanung beschäftigen. In der dritten Etage breitet sich das Großmodell Shanghais aus – Wahrzeichen des Museums und Besucherattraktivität Nummer eins. Teils auf der dritten und teilweise auf der vierten Etage kann der Besucher sich mit spezifischen Themen wie Verkehr, Geologie oder Nachhaltigkeit in der Stadtplanung Shanghais beschäftigen. Ein grosser Teil der Ausstellung auf dem vierten Stock widmet sich demnach auch der Zukunft der Stadtentwicklung.

Das Shanghai von Gestern
Das Museum legt speziellen Fokus auf die großen Sehenswürdigkeiten von heute, nämlich den Bund und den Yu Garden. Hierzu laden Bilderstrecken ein, die Veränderungen in der Zeit hautnah mitzuerleben. Der Bund wurde nach dem ersten Opiumkrieg Teil des britischen Konzessionsgebietes. Mit dem zunehmenden Kolonialhandel Ende des 19. Jahrhunderts und dem einsetzenden Bauboom wurden die Grundstückpreise höher und man errichtete höhere Gebäude, um Grundfläche zu sparen. Außerdem unterhielten zum Ende des 19. Jahrhunderts viele europäische Firmen am Bund ihren Hauptsitz für Geschäfte mit China. Dies führte zu einer beachtlichen Skyline, die man heute bestaunen kann. Seit einiger Zeit ist der Bund nun einer der wichtigsten Finanzplätze Ostasiens geworden. Gleichzeitig kann man von der Pudong-Seite her die wunderschönen alten neoklassischen Kolonialbauten bestaunen. Ein Rundgang auf der Uferpromenade ist vor allem nachts ein zu erlebendes Spektakel.

Ein interessanter Punkt in der Geschichte von Shanghais Stadtplanung ist der Einfluss ausländischer Architekten und wie dessen Entwürfe noch bis heute im Stadtbild vorhanden sind. Die Zusammenarbeit hat zu einer einzigartigen Mischung zwischen westlichen und asiatischen Baustilen geführt, was Shanghais Stadtbild enorm prägt. Diese Zusammenarbeit ist in witzigen und unterhaltenden, teilweise mit Vorurteilen übersäten, Videos vorgestellt. Im Speziellen wird dem ungarisch-slowakischen Architekten L.E. Hudec gedacht, der mit seinen Gebäuden anfangs im neoklassischen, später dann im Art-Deco Stil eine Schlüsselfigur in der Stadtplanung Shanghais der 20er und 30er Jahren war. Der in Österreich-Ungarn geborene Architekt kam durch den Krieg in ein Gefangenenlager in Sibirien, wo er später flüchtete und in Shanghai Unterschlupf fand. Im Jahre 1925 eröffnete L.E. Hudec dann ein Architekturbüro und erst 22 Jahre später, nach zahlreichen Bauten in Shanghai, verlässt er wieder das Land. Zu seinen berühmtesten Werken gehören das Park Hotel, das Grand Theater, das Joint Savings sowie das Loan Buildung. Diese Bauten stehen heute im Kontrast zu den vielen Wolkenkratzern und zeugen von dem ausländischen Einfluss am Anfang des 20. Jahrhunderts.

Ein kleines Highlight sind die direkten Fotovergleiche von Vater Xu Xixian und dessen Sohn Xu Jianrong. Wo der Vater in den 70er und 80er Jahren verschiedene Ecken von Shanghai fotografierte, machte sich der Sohn in den 2000ern auf, um eben diese selben Ecken wiederum aufzunehmen. Dies erlaubt auf sehr gezielte Art einen Vergleich von Strassen, Kreuzungen und Gebäuden zu ziehen. So kann man hier viele bekannte Orte Shanghais einmal in schwarz-weiß und gleichzeitig in Farbe viele Jahre später bestaunen. Deutlicher könnte die schnelle Entwicklung Shanghais nicht aufgezeigt werden.

Das Shanghai von Heute
Zwei Rolltreppenfahrten weiter oben kommt das ersehnte 3D-Modell vom inneren Kreis Shanghais. Mit einem Maßstab von 1:500 und einer Gesamtfläche von 600m2 umfasst das Großmodell die wichtigsten Stadtbezirke innerhalb der inneren Ringstraße Shanghais. Als Besucher kann man sich hier lange mit Häusersuche und Erraten aufhalten, was viel Spaß macht, hat man Shanghai doch selten so gut im Überblick.

Das Exhibition Center lädt hier des Weiteren mit einer Ausstellung über den Verkehr in Shanghai ein und informiert über die geologische Verhältnisse der Region. Der Geologie-Bereich vermittelt Grundkenntnisse der Geologie angewandt an die Stadt Shanghai und ist so relativ leicht zu verstehen. Etwas verwundernd war die Aussage, das der Boden Shanghais nicht für den Bau von Hochhäusern geeignet ist, da Shanghai auf sehr weichem Boden steht. Sehr vertrauenswürdig, vor allem wenn man aus den Fenstern eine Menge an Wolkenkratzern sieht, ist das nicht. Um dennoch den Bau von hohen Gebäuden auf sichere Art und Weise durchzuführen, müssen viele spezielle Vorabklärungen und Studien gemacht werden. Als Besucher kann man da nur hoffen, dass die chinesischen Vorschriften diesbezüglich sehr streng sind…

Das Shanghai von Morgen
Von der Geschichte über die Gegenwart widmet sich der vierte Stock des Museums der Zukunft der Stadtplanung Shanghais. Ob gesundes nachhaltiges Leben, Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung oder der Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Dieser Teil der Ausstellung strotzt vor Vorhaben und Veränderungen. Es bleibt also interessant, welche Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden und welche reine Wunschvorstellungen bleiben werden. Es ist ermutigend zu sehen, dass Shanghai ökologischen Fortschritt zumindest im Stadtplanungszentrum auf der To-Do Liste hat.

Abschluss
Zum Abschluss lohnt es sich einen Blick aus dem fünften Stock auf die Wolkenkratzer im Osten zu werfen, vielleicht ab jetzt mit dem Hintergedanken, das Shanghais Boden “eigentlich“ nicht geeignet ist für diese riesen Konstrukte. Jetzt wissend welchen Aufwand an Vorabklärungen das Bauen all dieser Wolkenkratzer gebraucht hat, wirkt die Skyline noch um einiges beeindruckender.

Das Shanghai Urban Planning Exhibition Center ist ein Besuch wert, um sich der Vergangenheit Shanghais bewusst zu werden und die verschiedenen Baustile, die alle im Stadtbild vereint sind, besser einzuordnen. Außerdem lohnt sich nur schon der Blick auf das Großmodell, um sich den Dimensionen Shanghais bewusst zu werden und sich eventuell auch besser zurecht zu finden. Der Besuch des Museums führt einem vor Augen, was man in der Stadt alles noch besuchen muss. Das Ende des Museumsbesuchs ist somit nur der Anfang einer weiteren Entdeckungstour durch die Strassen Shanghais.

Autor: Franka Kling