Generell
Während in der westlichen Welt der Individualismus gelebt wird, existiert in China bereits seit sehr langer Zeit ein Kollektivismus. Das konfuzianische Denken verstärkt das kollektive Denken, insbesondere bei der älteren Generation. Die Harmonie in einer Gesellschaft, dass alle Personen und Mitglieder einer Gruppe harmonieren sollen, fördert den Kollektivismus. Wenn es um ihre eigenen Interesse geht, können die Chinesen jedoch sehr schnell individuell denken und handeln, um so an ihre Rechte und Forderungen zu gelangen.
Schulen
In Schulen werden „Schuluniformen“ getragen. Kinder sollen sich den Familieninteressen unterordnen. Sich anpassen können ist das oberste Ziel der Eltern. Die Kinder erhalten bereits im Vorschulalter eine Art militärische Grundausbildung, wonach sie bereits früh Disziplin und Drill erlernen.
Heirat
Wer heiratet, heiratet nicht nur eine Frau oder einen Mann, sondern eine ganze Familie. In ländlichen Regionen Chinas, und zum Teil auch in städtischen Gebieten, entscheiden die Eltern wer wen heiraten darf oder muss. Nicht wenige, auf natürlichem Wege gefundene Paare müssen sich wieder trennen, weil die Eltern entweder dagegen sind oder der Partner/die Partnerin nicht ins Bild der Familie passte. Gezwungene Ehen sind noch Alltag in China. Auch nur so sind die hohen Scheidungsraten und Schattenbeziehungen erklärbar. Das Familienleben und das gesamte Familienkonstrukt ist in China viel stärker ausgeprägt als bei uns in der westlichen Welt.
Entscheidungsfindung
Entscheidungen werden nicht wegen der Sachlage, sondern vielmehr wegen der Beziehung zum Geschäftspartner gemacht. Beziehungspflege ist in China extrem wichtig und sehr geschäftsfördernd. Der Chinese traut eher einem empfohlenen als einem unbekannten Geschäftspartner, auch wenn der unbekannte Geschäftspartner rational betrachtet das bessere Produkt hätte. Der Chinese vertraut vor dem Kauf auch stark den Kommentaren von anderen Kunden und wird dadurch bei seinem Kaufentscheid stark beeinflusst.
Vor Restaurants und Lokalen
Vor den guten Restaurants in China können sich lange Warteschlangen bilden. Die Chinesen sind willig, bis zu zwei Stunden vor dem Restaurant auf einen Tisch „kollektiv“ zu warten, während das Restaurant vis-à-vis Unmengen an freien Tischen verfügt.
Das gleiche Verhalten lässt sich bei Neueröffnung eines Geschäftes beobachten. Während wir in der westlichen Welt kaum in eine mehr als 10 Meter lange Warteschlange anzustehen bereit sind, ist der Chinese fähig, sich in eine 100 Meter lange Warteschlange einzureihen um geduldig zu warten, bis er oder sie einen Tisch in dem neuen Restaurant ergattert.
Wertewandel im Kollektivismus
Viele Chinesen verdienen immer mehr und es entwickelt sich somit eine immer grössere Mittelschicht. Durch den höheren Lebensstandard, welcher nicht zuletzt auch durch den höheren Bildungsgrad beeinflusst wird, schwinden langsam die kollektivistischen Eigenschaften in der chinesischen Gesellschaft. „Selbstverwirklichung“, nach der maslowschen Pyramide, ist speziell bei den wohlhabenden Chinesen ein Thema geworden. Der wachsende Wohlstand in China hat somit einen direkten Einfluss auf den Kollektivismus.
Autor: Daniele Bardaro